Der Rhein. Oder: Die Spätfolgen einer Schnapsidee

Lesezeit: 2:30 Min.

Zum Thema Aufräumen am Rhein ein kurzer historischer Exkurs (…keine Angst, tatsächlich interessant) und ein persönlicher Gedanke:

In der modernen Welt müssen wir ja leider festhalten, dass es quasi zwei grundlegend verschiedene Arten von Flüssen gibt: Naturbelassene (= „…hach, wat schön hier!“) + denaturierte (= der Mensch hat reingepfuscht = „…hm, naja ok.“).

Dieses Schicksal hat unseren Rhein bedauerlicherweise im 19. Jh. mit voller Breitseite ereilt: Die sogenannte Rheinbegradung sollte der Schiffbarmachung, Landgewinnung, Hochwasserbekämpfung und später auch politischen Zwecken dienen (…komplizierte Verquickungen mit Frankreich und dem Thema Kriegsschulden und Energiegewinnung …Details erspare ich uns an dieser Stelle mal).

Auch der Abschnitt des Rheins bei Köln wurde also u.a. begradigt und in ein künstliches Bett gezwängt, so dass er seitdem schneller fließt und keine natürlichen Ufer mehr hat. Klingt erstmal halb so wild, könnte man denken – au contraire!

Die anthropogenen Einflüsse verursachten in diesem Fall leider die Austrocknung der äußerst biodiversen Flussauen, ein massives Artensterben sowohl an den Ufern als auch im Wasser sowie eine unmittelbare Umverteilung des Grund-/Wassers.

Die ökologisch katastrophale, pseudofortschrittliche Rheinbegradigung wurde teilweise wider besseren Wissens umgesetzt (…auf Druck verschiedener Industrien, wie sollte es anders sein – erinnert an heutige Verhältnisse); Es folgten Trockenheit hier und Überschwemmungen dort. „Der Süden verdurstet, der Norden ersäuft“ lese ich in einer Publikation zu diesem historischen Griff ins Klo. Auch diese offensichtliche Korrelation mit der aktuellen europäischen Klimasituation scheint irgendwie zu deutlich, um Zufall zu sein.

Der Fluss ist also in einem sehr unnatürlichen, suboptimalen Zustand – ganz augenscheinlich und spürbar. Ich stelle dazu mal eine gewagte These auf:

Womöglich haben wir es mit einem klassischen Fall der psychologischen Broken-window-theory zu tun, wenn Menschen hier ihren ganzen Müll hinterlassen (…darauf komme ich ein andern mal noch ausführlicher zu sprechen – superspannend, gerne schon mal nachlesen!); man müsste dementsprechend vermuten, dass dieser denaturierte Zustand des Rheins dem*der Besucher*in suggeriert, es lohne sich nicht mehr, hier Acht zu geben. Da ist die Kippe schneller weggeworfen und die Würstchenpackung problemloser liegen gelassen, als wenn es sich noch um eine echte, wertvolle Aue in all ihrer natürlichen Pracht handeln würde. Nur so eine Vermutung am Rande.

Darüber hinaus braucht es, so las ich einst, wohl eine gewisse persönliche Verbindung mit einem Ort, um sich für ihn verantwortlich zu fühlen – und damit einhergehend eben auch gut für ihn zu sorgen. Vielleicht fehlt es den Menschen also auch einfach ein bisschen an Heimatgefühl bezüglich des guten alten ‚Gefatters‘ (-> Kölsch für „Rhein“). Eine Idee, wie man ein solches generieren könnte, ist mir bisher leider noch nicht gekommen – Ich freue mich auf kreative Zuschriften! (julia@walbyapp.com)

Also – was lernen wir aus all dem?

Vermutlich bleibt vor allem die Erkenntnis, die wohl so alt ist, wie die Menschheit selbst: Eine Schnapsidee klingt immer erstmal super aufregend, ist meistens aber eher der Holzweg.

Also kann hier nur noch ab-jetzt-besser-machen die Lehre sein und in diesem Sinne nutze ich an dieser Stelle die Gelegenheit, auf die Möglichkeit hinzuweisen, unsinniger Naturzerstörung entgegenzuwirken; denn ja, leider findet genau sowas immernoch die ganze Zeit quasi überall statt. Sollte man nicht meinen am Ende eines solchen Artikels, ist aber so.

Daher gerne hier mal aktiv werden:

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Danke für dein Engagement!

Deine Julia für Team Walby

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