Urbane Hobby-Imkerei: Die Biene als „Haustier“

Hoppla, wir sind ein bisschen verliebt 😉

– In das Summen und Brummen am Bienenstock, in den Geschmack von frischem Honig, in diese wundervollen, intelligenten Tierchen und den sympathischen Imker gleich mit – Einfach in die ganze große Honigbienen-Thematik.

Wie kommt’s? #TeamWalby war mal wieder unterwegs; diesmal in Sachen urbaner Hobby-Imkerei. Mitten im schönen Köln-Lindenthal gibt es nämlich einen besonders belebten Balkon – Den von Hobby-Imker Johannes. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, hier ein ganzes Bienenvolk zu hegen und zu pflegen – Und das schon seit sieben Jahren. Er weiß also, wovon er spricht, wenn er von den Ups and Downs der Bienenhaltung erzählt – und klärt, für wen das ein geeignetes Hobby ist.

Bevor wir erleben durften, wieviel spannende Aspekte sich darin verbergen, gab es bei uns durchaus ein paar Fragezeichen zur Wahl dieses Hobbies…. Hätte ja auch ein trendiges Rennrad oder ein hipper Kurzhaardackel sein können. Sollte dann aber ein Bienenstock werden.

Liegt ja nun nicht als Erstes auf der Hand, diese Wahl – Also: Warum das Ganze?!…

Von Opas Geräten im Keller zur Honigernte auf Balkonien

Mündliches Interview, geführt am 14.06.2023 von Johanna und Julia für Team Walby.

TeamWalby: Würdest du dich mal kurz vorstellen und erklären, wie du auf die Idee damals gekommen bist, dir die Bienen anzuschaffen?

Johannes: Ich bin Johannes, Urkölner und ich bin auf die Idee gekommen, als wir bei meinem Großvater Werkzeug gefunden haben, was ganz komisch aussah, was wir nicht zuordnen konnten. Und wir wussten, der hat eigentlich einen anderen Job aber scheinbar nebenbei mit diesem Werkzeug (Anm.d.Red.: Imkerei-typische Geräte) gearbeitet. Und darüber habe ich dann erfahren, dass er tatsächlich viele Bienen hatte und dass man das nicht hauptberuflich machen muss.

Inzwischen hat das Hobbyimkern ja auch einen Trendstatus erreicht und so bin ich dann auch schnell selbst dazugekommen.

TeamWalby: Werkzeuge hin oder her – Warum hast du dich denn letztlich für dieses Hobby entschieden?

Johannes: Es gab auch noch die Motivation, was Gutes für die Umwelt zu tun. Das kann man ja auch sagen: Das hilft. Ich stell mir auch vor, dass die Blumen hier besonders schön blühen in der Umgebung, weil die Bienen dran gehen.

Die Imkerei ist außerdem ein Hobby, was wirklich viel zurückgibt. Das macht Spaß, das bringt einen Erkenntnisgewinn, man lernt viel dadurch; Man lernt viel über das Tier, man lernt viel über sich selbst und man hat auch ein schönes Netzwerk, kann ich sagen. Also die Imker sind ein eingeschworenes Völkchen untereinander und ein sehr freundliches; Wenn man sich kennt und sich gegenseitig aushilft, dann macht das am meisten Spaß.

Wichtigste Investition: Das Vertrauen der Nachbarschaft

TeamWalby: Hast du dann als erstes deine Nachbar*innen gefragt oder was war der erste Schritt?

Johannes: Genau. Nachdem man so diese Hemmschwelle überwunden hat, galt es dann mit den Nachbarn zu sprechen, die frühzeitig einzubinden – Und spätestens mit dem ersten Honig waren dann alle begeistert, dass die Bienen hier sind und freuen sich jetzt auch und gucken gerne und helfen auch mit, wenn es mal Bedarf gibt.

TeamWalby: Welcher Umkreis ist denn eigentlich davon betroffen?

Johannes: Wirklich betroffen muss man sagen ist gar niemand. Weil die Bienen tatsächlich geradeaus zu einer Futterquelle fliegen und zurück, das ist im Umkreis von circa drei Kilometern so und das verläuft sich sozusagen. Es ist nicht so, dass die sich ausbreiten wie eine Wolke und dann die Nachbarn immer mehr Bienen haben – Sondern es ist wirklich so, dass die gezielt zu einer Futterquelle fliegen und das ist auch ganz spannend zu sehen, dass die das können, dass die kommunizieren und sowas finden.

TeamWalby: Abgesehen von der Nachbarschaft – Was muss man sonst so beachten an Voraussetzungen? Gibt es da bestimmte Dinge, die vorher abgeklärt werden müssen?

Johannes: Ja ein paar Sachen muss man zumindest prüfen: Ob man allergisch ist, das ist wichtig, das wäre ein Hindernis. Das ist aber sehr selten, man spricht glaube ich von nur einem Prozent oder weniger, die das wirklich haben. Aber manche reagieren eben doch deutlich verstärkt auf das Gift im Stich und dann sollte man das wirklich überdenken. Von der Stadt braucht man keine besonderen Genehmigungen (A.d.R.: Nur eine Anmeldung beim Veterinäramt ist Pflicht!). Was gut ist, ist im Imkerverein sich eintragen zu lassen und auch ein Imkerkurs im Imkerverein bietet sich am Anfang auf jeden Fall an.

TeamWalby: Nachdem du das abgeklärt hattest, wie bist du dann konkret vorgegangen, was musstest du dir anschaffen?

Johannes: Also in der Anschaffung ist es am Anfang natürlich ein Investment: Wir brauchen das Material, wir brauchen die Bienen selbst, wir brauchen Werkzeuge, um damit zu arbeiten, und das hört auch irgendwie nie auf; Wie das bei Hobbies so ist, kann man sich darin auch komplett verlieren. Bei dem Werkzeug gibt es verschiedene Stufen, die Sinn machen: Im Grundsatz braucht man einen Smoker, um die Bienen einzuräuchern, man braucht einen Stockmeißel (A.d.R.: Imkerei-Universalwerkzeug), um die Rähmchen (A.d.R.: Holzrahmen mit Waben darin) zu bewegen und das ist schon das Wichtigste. Darüber hinaus kann man über Anzüge sprechen, Schutzausrüstung und viele Kleinigkeiten, die sich dann über die Jahre auch so ansammeln.

Anschaffen, tauschen oder selbst bauen – Ganz nach Belieben

TeamWalby: Das hört sich ja erstmal gar nicht nach so viel an. Also man besorgt sich eine Beute, und dann?

Johannes: Ja genau, die Beute – das ist dieser ganze Kasten – da kommen dann die Rähmchen rein, die sind ausgestattet mit Mittelwänden. Die kann man auch selber bespannen; je nachdem wieviel man investieren will an Zeit und Aufwand kann man das auch sehr, sehr kostengünstig machen. Und spätestens zur Erntezeit kommt dann die Frage, ob man eine Schleuder haben möchte, die kann man aber auch gut im Imkerverein ausleihen oder das in einem Schleuderraum machen. Also meine Empfehlung wirklich, über den Imkerverein zu gehen oder örtliche Imkergruppen, die sich dann gegenseitig unterstützen.

TeamWalby: Wenn man also eben mal Fragen hat, welche Ansprechpartner:innen gibt es dann in der Community?

Johannes: Der erste Anlaufpunkt ist immer der Imkerverein – in jeder Stadt wird es das geben – und da hat man einen Anlaufpunkt, es gibt aber auch viele private Gruppen und man wird feststellen, wer in der Nachbarschaft Bienen hat und diese Unterstützung untereinander hilft dann auch bei einem Urlaub oder wenn man dann auch mal Details braucht, also Material oder Werkzeug zum Beispiel. Oder wenn man sich untereinander mit den Bienen austauscht – Also das geht alles gut über ein Netzwerk, das man sich dann aufbaut und das ist meistens auch ganz gut möglich.

TeamWalby: Wie pflegeintensiv ist denn das Ganze?

Johannes: Tja, man kann wirklich viel Zeit investieren und sich über die Anzahl der Völker ganz viel Arbeit damit machen – Aber für den Hobbyimker in der Stadt, der vielleicht daran denkt, ein bis drei Völker zu haben, ist das ein Aufwand, der wirklich gering ist. Wenn man zu manchen Zeiten im Jahr ein bisschen mehr Aufwand damit hat, hat man im Winter zum Beispiel ganz wenig Aufwand. Dann kann man wirklich sagen, dass man da eine sehr überschaubare Zeit nur investieren muss.

„Man kann von einem demokratischen Entscheidungsweg sprechen“

TeamWalby: Wie hat sich deine Beziehung zu den Bienen im Laufe der Zeit verändert?

Johannes: Also dieses Chaos, was man mit einem Bienenschwarm verbindet, das geht ein bisschen nach einer Zeit weg. Also je länger man damit arbeitet, desto mehr spürt man, was sie gerade tun und überträgt auch seine eigene Ruhe auf das Volk. Und darüber lernt man dann wiederum, sich selbst besser im Griff zu haben, auch wenn mal ein Stich passiert, das bleibt nicht aus aber ist gar nicht so schlimm. Und solange man ruhig bleibt, passiert das wirklich ganz, ganz selten. Ja und über die Jahre lernt man etwas über die Biene, lernt etwas über sich selbst und wird auch im Umgang immer besser über die Ruhe, die man dann reinbringt.

Man lernt aber auch, dass man da Vieles noch nicht weiß. Also je mehr man lernt, desto mehr sieht man, dass es da lauter Felder gibt, die noch nicht wissenschaftlich erschlossen sind. Was unheimlich spannend ist, ist die Kommunikation: Also da finden wirklich Absprachen statt, man kann von einem demokratischen Entscheidungsweg sprechen tatsächlich; Also wenn die die Wahl haben zwischen verschiedenen Zielen für einen Schwarm, dann fliegen Scout-Bienen raus, erkunden diese Ziele und sprechen sich dann in der Beute ab, welches das richtige ist. Und das ist wirklich ganz toll, da diese Kommunikation zu sehen und man lernt einfach immer mehr.

TeamWalby: Wie ist es denn mit Abwesenheiten, wie regelst du das oder worauf sollte man in dieser Hinsicht achten?

Johannes: Also, wenn man ganz sicher sein will, dass sich auf keinen Fall ein Schwarm bildet, dann sollte man nicht in den Urlaub fahren. Aber über ein Netzwerk und eine Vorbereitung geht das gut, dass man sich die Zeit verschafft.

Und dann ist es wirklich auch kein Beinbruch, wenn doch mal was schiefgeht. Das ist das Schöne an den Bienen; weil sie halbautark leben, kann man mit ihnen auf verschiedene Arten arbeiten. Für eine Bienengerechte Haltung ist es wichtig, ein paar Dinge einzuhalten, ein bisschen Aufwand ist auf jeden Fall nötig, aber man kann da wirklich verschiedene Stufen wählen, um sich dann ein angenehmes Hobby zu verschaffen, was nicht zu viel Zeit frisst.

TeamWalby: Was bedeutet das denn, dass „mal was schiefgehen“ kann?

Johannes: Der Schwarm ist eigentlich der klassische Fall, wenn die Bienen sich um den Mai herum praktisch vergrößern und dann irgendwann auch einen zweiten Schwarm bilden. Da verlässt dann die alte Königin mit einem Teil der Bienen die Beute und bildet an einer neuen Stelle ein neues Volk. Das kann man aber verhindern, wenn man das nicht möchte, weil man dann natürlich einen Teil seiner Bienen verliert. Man kann das also steuern, oder aber einen entstandenen Schwarm halt wieder einfangen. Die Frage ist einfach, ob man in dieser Schwarmzeit um den Mai herum seinen Urlaub planen möchte und wieviel Zeit man reinstecken kann.

TeamWalby: Hast du das Ganze schon mal bereut, dir ganz viele stechende Tierchen angeschafft zu haben statt eines anderen Hobbies?

Johannes: Ach, bereut habe ich es wirklich nie. Die blödesten Momente waren dann die, wo dann mal so ein Volk eingeht. Das passiert schon mal nach ein paar Jahren; das passiert, wenn man einen großen Schädlingsbefall hat oder wenn man dann vielleicht mal weg war und nicht aufpassen konnte und sich ein Schwarm gebildet hat. Und dann müssen halt mal Völker vereinigt werden oder so – Es ist ein Geben und Nehmen und das macht es eigentlich auch aus. Das macht es aber auch schön in den überwiegenden Zeiten, in denen es immer mehr wird; Man kann, wenn man einmal angefangen hat, auch immer weiter drauf aufbauen und vielleicht dann irgendwann sogar mal seinen Freunden so ein Volk schenken.

TeamWalby: Haha, da hast du dann ja ein noch größeres Geschenk; Honig war gestern, hier ist ein ganzes Bienenvolk!

Johannes: Jaha!

TeamWalby: Vielen Dank für das super nette Gespräch!

…what a day! Am Ende durften wir sogar noch miterleben, wie Johannes und seine (übrigens mindestens genauso sympathische) Partnerin einen gerade entstandenen Schwarm wieder aus dem Baum im Vorgarten „fischen“ und in eine Beute setzen, in der das neue Völkchen nun gedeihen kann. Da ging es dann schon ganz schön wuselig zu um uns herum – Aber keine wurde gestochen! Eigentlich auch logisch, sagt unser Experte; Insbesondere in diesem Zustand sind die Bienchen vor allem mit sich selbst beschäftigt – Davon mal abgesehen, dass sie eh kein großes Interesse am Stechen haben (…macht Sinn: Sie verenden dadurch sofort).

Was wir heute alles mitgenommen haben:

*Faszinierend: Die Honigbiene hat mit ihrer strukturierten Lebensweise und ihrem komplexen Sozialverhalten Johannes (und uns!) wirklich in ihren Bann gezogen – Für mehr Eindrücke und Infos hierzu schau mal in unsere Filmempfehlung (s.u.).

*Paradox: Im ländlichen Bereich wird die Flora heute leider vorrangig von großflächigen Monokulturen bestimmt, die wenig Nahrungsangebot (a.k.a. Blüten) bieten. In der Stadt hingegen finden Bienenvölker inzwischen mehr Nahrung, da hier durch Grünanlagen, begrünte Gebäude und private Blütenprachten das Angebot und die Vielfalt größer sind.

*Bisschen OCD: Johannes‘ Honigbienen sind so eindeutig darauf konditioniert, eine Futterquelle abseits der Beute anzusteuern, dass er sein Frühstück direkt neben dem großen Bienenkasten genießen kann, ohne behelligt zu werden.

*Extravagantes Schauspiel: Zu kommunikativen Zwecken wackelt die Honigbiene bei Gelegenheit sehr selbstbewusst mit ihrem hochgestreckten Hinterteil – Why not. (…Ich habe versucht, es bildlich festzuhalten; siehe Fotos!)

*Biene ist nicht gleich Biene: Es gibt über 20.000 Bienenarten auf der Welt, darunter nur rund 10 Arten von Honigbienen (…Die Wissenschaft streitet über die Anzahl; 7-12 Arten sind im Rennen). Der Rest sind also Wildbienen.

...Und jetzt du?!

Möchtest du etwas für diese vielen Wildbienenarten tun, baue ihnen doch ein Häuschen zum Nisten auf, pflanze bienenfreundliche Blumen oder stell bei heißem Wetter ein Schälchen Wasser raus.

Falls dich der Ausflug zu Johannes und seinen Balkonbienen genauso inspiriert hat wie uns und du in Betracht ziehst, auch Hobbyimker:in zu werden, denk am besten vorher daran, dich erst einmal bei deinem örtlichen Imkerverein (oder dem deutschen Imkerbund) über die Eignung des von dir angedachten Standorts schlau zu machen; Damit deine Bienen auch wunderbar gedeihen können und dabei keine anderen bestäubenden Arten stören.

Dann ist die Biene tatsächlich ein tolles Haus… – pardon: Balkontier, wie wir finden.

Also viel Spaß, danke für dein Interesse und auf bald!

Deine Julia für Team Walby

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